Der Rostbrüder lästerlicher Krieg

Der ganze Wald war voller Rauch, nicht dicht, aber doch allgegenwärtig. Wir erfuhren auch bald, wieso dem so war. Ein Heer von Untoten unter der Kontrolle der dunklen Magie von Rostbrüdern brandrodete einen breiten Streifen von Nord nach Süd durch den Wald. Ein richtiger Krieg war über die Stämme der Goblins gekommen.

Wir beobachteten das Treiben um herauszufinden, was vor sich ging, und stellten fest, dass Zygofers Schergen im Abstand von halben Tagesmärschen Forts mit fester Besatzung errichteten.

An einem Abend, wir diskutierten gerade wie mit der Gefahr umzugehen, trat ein Goblin in unser Lager. Scheinbar ein Bekannter von Grindel. Er berichtete, dass die Stämme sich südlich unserer damaligen Position sammelten, um einen konstatierten Gegenschlag zu vollführen.

Im Heerlager wurden wir misstrauisch empfangen. Da aber Gromdan für uns sprach, durften wir bleiben. Allerdings wurde er recht schnell von seinen Kollega beansprucht, so dass wir das Kommende ohne seinen Rat bewältigen mussten.

Während wir im Lager waren, konnten wir in Erfahrung bringen, dass die Goblins auf zweierlei Dinge warteten: Erstens schienen die Krieger der abgelegen wohnenden Sippen noch nicht eingetroffen zu sein und zweitens waren die Schamanen ein magisches Ritual am Wirken. Vordergründig verwendeten sie ihre Magie, aber wie ein Rudel Jagthunde, um von überall her Wolken zusammen zu treiben, um die Feuer der Rostigen zu löschen und so ihren Vormarsch zu verlangsamen.

Leider wollte keiner von denen mit mir über diese Zauber sprechen. Sie ignorierten mich schlicht weg, egal was ich auch versuchte um in ein Gespräch zu kommen. Wie sich später herausstellen sollte, hatten sie auch dunkle Gründe mich nicht hinzuzuziehen.


Als Bron vorschlug die Versorgungswege der Rostigen auszuspähen, erschien mir das eine ausgezeichnete Möglichkeit meine guten Absichten gegenüber den Goblins zu unterstreichen. Vielleicht würden sie dadurch Vertrauen fassen und mich involvieren.

Also brachen Bron, Grindel und ich im ersten Sonnenschein auf. Wo Wanja verblieben war? Keiner wusste es. Wir umgingen die “Straße” und die Forts weiträumig um dann das Ufer des Rabenflug abzuschreiten. Irgendwo mussten Material und Truppen über den Fluss kommen. Tatsächlich stießen wir auf ein schwach befestigtes Lager, wo zwei flache Kähne am Ufer lagen. Ein Angriff schloss sich aber aufgrund der drei duzend Untoten aus. Ich schlug daher vor, den Strom bei Nacht herabzuschwimmen und die Kähne loszubinden und abtreiben zu lassen. Bron wollte davon aber nichts wissen. Er ist der Krieger unter uns.

Die nächsten Tage waren so langweilig, wir saßen nur rum und beobachteten das Geschehen: Neue Truppen wurden mit Zombies und schwer beladenen Troßwagen vom anderen Ufer übergesetzt. Boten kamen und gingen. Ansonsten geschah nichts.

Schließlich befand Bron, genug gesehen zu haben und wir begannen einen Hinterhalt für einen der Botenläufer zu legen. Dieses Vorhaben gelang auch auf Anhieb. Der Gefangene erwies sich, nachdem ich seinem Verstand ausreichend motiviert hatte, zwar auskunftsfreudig, aber leider lebte er nicht mehr all zu lange. Irgend ein wurmähnliches Wesen fraß sich von innen nach außen durch seine Innereien.

Vor seinem Tod erfuhren wir nur noch, daß die Zombies an einzelne seiner höhergestellten Kameraden gebunden seien und bei deren Tod alles in ihrer Umgebung angreifen würden. Auch die Schriftstücke, die er bei sich führte enthielten nichts weiter als Anforderungs- und Verlustlisten.


Wie ich befürchtet hatte, waren diese Erkenntnisse nicht dazu geeignet mein Renommee bei den Schamanen zu steigern. Auch nach unserer Rückkehr wollte keiner von denen mit mir sprechen.

Allerdings bin ich auch jetzt noch froh, dass wir drei überhaupt alle wieder zurück kamen. Grindel hatte sich nämlich eine schreckliche Erkrankung eingefangen. Er fieberte sehr stark und eine Art dickflüssiger gelblicher Schleim lief ihm aus Augen und Ohren. Ich gab mein Bestes hilfreiche Kräuter aufzutreiben, aber am Ende war es Brons Pflege, die Grindel gerettet hat. Dieser Zwerg ist in allem was er tut unermüdlich. Ich glaube, er hat wirklich tagelang nicht geschlafen.

Zurück am Sammelplatz der Goblins war dieselbe Tatenlosigkeit zu beobachten, wie bei unserer Abreise. Offensichtlich waren immer noch nicht alle Sippen eingetroffen. Auch die magischen Pläne schienen nicht in eine neue Phase eingetreten zu sein. Da niemand mit mir reden wollte, versuchte ich den Ritualplatz auf eigene Faust zu finden, um mir selbst ein Bild zu machen. Auf den offensichtlichen Wegen wurde mir der Zugang aber immer von Wächtern verwehrt. Darum musste ich mir in den Abendstunden heimlich einen Weg durch den Wald suchen. Die Vorgehensweise Grindels in den letzten Monaten zu beobachten, erweis sich dabei als wirklich hilfreich.

Was sich dann auf der Lichtung meinen Augen offenbarte, versetzte mir einen Schock. Schandhafte Blutmagie wurde hier gewirkt! Blut und Fleisch eines Goblinkriegers wurde hier, bei einem mit nicht bekannten Zweck, geopfert. Auch wenn der Krieger scheinbar freiwillig an diesem Ritual teilnahm – die Schändung der Welt mit Verabscheuenswertem zu bekämpfen, kann nicht richtig sein!

Vor Entsetzen getrieben hastete ich zurück, um meinen Kameraden von dieser Untat zu berichten. Wanja, aber insbesondere Gromdan (ich kann nicht glauben, dass er sich an so etwas beteiligt) waren nirgends zu finden. Bron, egal wie eindrücklich ich die Lage verständig zu machen suchte, konnte keinen Grund einzuschreiten erkennen. Grindel war, wo ich heute zurückblicke, zerrissen zwischen der Treue zu seinem Volk und dem Vertrauen in meine Expertise.

Unser diesbezüglicher Streit eskalierte schnell, als ich zusätzliches Wissen, das ich aus dem Elfenstein bezogen hatte, in meine Argumentation aufnahm. Bron muss mich wohl, angesichts seiner eigenen Erfahrungen, für besessen gehalten haben. Jedenfalls rang er mich plötzlich nieder, entwendete mir den Rubin und warf ihn in eine nahe Feuerstelle. Als der Stein daraufhin schwarz wurde und zwischen der glühenden Holzkohle nicht mehr auszumachen war, ließ Bron von mir ab. Scheinbar hielt er das eingebildete Problem damit für beseitigt.

In einem unbeobachteten Moment konnte ich den Elfenstein aus den glühenden Scheiten herausklauben. Ein wenig Glut kann dem Träger einer elfischen Seele nichts anhaben. Ich bin mir jetzt wirklich sicher, dass der Rubin einen Elben der alten Zeit als Seelentresor dient.

Bevor ich mich aber damit weiter beschäftigen konnte, galt es ein Unheil abzuwenden. Dazu musste ich aber erst einmal meine Schatten abschütteln. Ich hatte zu viel Aufmerksamkeit erregt, mehrere Personen folgen mir auf Schritt und Tritt. Da anderweitige Hilfe nicht zu bekommen war, musste ich ihren Geist zerrütten. Ich tat dies nicht gerne, aber wie sollte ich sonst zum Ritualplatz kommen ohne aufgehalten zu werden.

Ich hoffe, ich tat das Richtige, denn ein laufendes Ritual, egal welcher Natur, zu stören, ist ein heikles Unterfang. Ich verschaffte mir lautstark Gehör, als ich endlich die Lichtung erreichte. Leider befand sich der Vorgang in einer kritischen Phase und die aufgestaute Energie entlud sich, als ich die Konzentration der Schamanen störte, in den Baum, an den das Blutopfer gebunden war. Der Baum riss daraufhin seine Wurzeln aus dem Boden und begann mit zu Klauen umgewandelten Ästen nach allem Lebenden zu schlagen. Wenn dies der erwünschte Effekt des Rituals gewesen sein sollte, so war das beschworene Wesen dennoch außer Kontrolle.

Eine Weile tobte ein erbitterter Kampf, um die Kontrolle des Wesens, aber die Goblins waren zu ermattet, um die Oberhand zurückzuerlangen. Stattdessen schwangen die Wetter um und in wenigen Augenblicken zog ein heftiges Gewitter auf. Ein einziger Blitz stieß direkt auf den belebten Baum herab und spaltete ihn komplett. In der darauffolgenden Stille, noch halb blind von dem gleißenden Licht, eilte ich in den Wald und brachte wenigstens eine Tagesreise zwischen mich und die Goblins. Ich denke nicht, dass ich dort noch wohlgesonnen bin. Warum wollte mir nur niemand zuhören? Ein solches Unheil hätte doch mit ein paar Worten und verständigem Zuhören vermieden werden können!


Nachtrag

Während das Chaos sich Bahn brach, konnte ich beobachten, wie einer der Goblin sich ohne Umschweife in einen Vogel verwandelte und davon flog. Eine erstaunliche Form der Magie. Vielleicht erhalte ich in Zukunft die Möglichkeit, diese zu studieren.

Ein Character von Taarion aus Den Verbotenen Landen.

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Die Font für die Überschriften ist Gondola SD.