Die Stadt der Elfen

Vom Meer aus fanden wir einen Pfad nach Westen tiefer ins Gebirge. Steinig und mühsam war der Weg. Alsbald folgte er einem kleinen Bach, tief eingeschnitten in den Fels. In kürzer werdenden Abständen passierten wir uralte Steinsäulen ,an die jeweils eine skelettierte Leiche lehnte, gehalten von einem eisernen Halsreif an einer kurzen Kette. Eine alte, fremdartige Magie haftet ihnen an. Ein Schaudern überkam mich bei diesem Anblick, und so zogen wir vorüber und ließen den Toten ihre Ruhe.

Nach einigen Tagesmärschen erreichten wir die Quellen des Baches. Aus mehreren Metern Höhe ergoss sich ein Wasserfall in ein kleines Becken. Dahinter, kaum auszumachen, lag eine Öffnung im Fels.

Hier schlugen wir, auch wenn der Weg noch weiterführte, ein Basislager auf. Am nächsten Morgen machten wir uns mit leichtem Gepäck an die Erkundung des Tunnels hinter dem Wasser.

Auch hier wurde der schmale Gang von angeketteten Leichen gesäumt. Er endete schließlich vor einer Wand aus Eis. Aus dieser schlängelte sich ein dünner, haarfeiner Strom von Magie zu dem vordersten Skelett, genauer dessen Halsreif. Während ich diesen untersuchte, er war aus anderem Material und mit Bindungsrunen beschriftet, legten meine Gefährten Hand an die Eiswand. Gerade als sie diese durchbrachen, löste sich die Bindung und überall ertönte das Scheppern von Metall.

Die Skelette, als untote Wächter nun von ihren Ketten befreit, drangen auf uns ein. Nur mit Mühe konnten wir uns einen Weg zurück zum Eingang bahnen. Dort, auf der anderen Seite des Wasserfalls, wollten wir die Monster einzeln bekämpfen, aber die Göttin Strom hatte einen anderen Plan: die Strömung des Wassers riss die alten morschen Knochen auseinander und spülte sie ins Meer. So sind wir dieser Gefahr entronnen.

Zurück in dem Tunnel, ergab sich uns ein erhabener Anblick: Wie aus dem Berg herausgestanzt, lag ein kreisrunder Platz vor uns. In den Wänden gab es, auf mehreren Ebenen, unzählige Tür- und Fensteröffnungen. Obwohl viele hier leben könnten, gab es an diesem Ort nicht einmal Vögel. Dafür standen überall auf dem Platz tönerne, humanoide Figuren in allen Posen, die man sich vorstellen kann.

Eine flüchtige Untersuchung der Räume im Fels förderte nichts zutage, außer Staub. Allerdings schaffte es Gromdan, sich in einer der Figuren zu verheddern und sich von ihr “Umarmen” zu lassen.

Zwei Einschnitte nach Norden und Südwesten führten zu weiteren Ausstanzungen des Fels. Im Norden: weitere Wohnhöhlen. Allerdings wird der Platz domminiert von einer riesigen Statue, so denke ich, eines Elfen. Im Süden scheinen sich früher Labore und Werkstätten befunden zu haben. An diesen Ort schließt sich ein weiterer Platz an. Hier hat aber offensichtlich eine unermessliche Kraft die Wände eingerissen. Überall liegt Schutt und Geröll, aber dazu später mehr.

Als wir im Norden nach Hinweisen über die Erbauer suchten, erreichte auch eine Gruppe Rostbrüder diese erstaunliche Stadt. Da wir eine direkte Konfrontation vermeiden wollten, platzierten wir unseren magischen Knochendolch als Köder so, dass sie ihn finden mussten. Ihren vermeintlichen Fund brachten sie auch gleich zu ihrem Zelt vor der Stadt. In die Untersuchung der Waffe vertieft, bemerkten sie uns nicht, bis wir das Zelt in Brand steckten. Die vor den Flammen Flüchtenden konnten wir leicht außer Gefecht setzen.

Damit war diese Gefahr gebannt und wir konnten uns wieder der Untersuchung der Ruinen widmen. Die nördlichen beiden Stadtteile förderten nichts Relevantes zu tage, außer einem Band umlaufender, fremder Glyphen, die in die Felswände gemeißelt sind. Jedes dieser Zeichen ist magiereaktiv und beginnt in meiner und Gromdans Gegenwart schwach zu glimmen. Und außerdem waren da noch diese ganzen tönernen Puppen, die, wie wir feststellten, in unbeobachteten Momenten ihre Haltung veränderten. Dabei zeigten sie eine verblüffende Neigung, sich in Richtung von Gromdan auszurichten.

Im südlicher Richtung befindet sich, wie gesagt, eine Art Werkstattbezirk. Unter anderem scheinen hier die Puppen hergestellt worden zu sein. Wir fanden aber auch Räume voller Glasgefäßen, in denen ekelerregende Dinge schwommen. Welchen Zweck mag das bloß gedient haben?

Um weiter nach Süden zu kommen mussten wir über Unmengen an Geröll steigen, das aus den Felswänden gebrochen war. Als weiteres Hindernis erwies sich die zunehmende, unnatürliche Kälte. Selbst hier im Gebirge sollte es nicht so kalt sein. Trotz aller Hemmnisse erreichten wir einen weiteren Stadtteil. Auch hier war alles zertrümmert. Lediglich ein sanfter Hügel im Zentrum war frei von Zerstörung. Vollkommen friedlich, bedeckt von frischem Schnee lag er da, umgeben von all den Trümmern.

Auf diesem Hügel nun fanden wir es: Ein Schwert, unberührt von Zeit und Witterung, steckte dort im Boden. Eine einzelne Sigille schmückte dessen Fehlschärfe. Dessen Bedeutung – niederringen, aber auch unterdrücken – hätte uns eine Warnung sein können, für das, was als nächstes geschah. Bron nahm die Waffe an sich und unmittelbar danach erbebte der Boden unter unseren Füßen. Wir zogen uns fluchtartig zurück und konnten aus sicherer Entfernung beobachten, dass, was wir für einen Hügel hielten, sich als Riese erhob. Er schleuderte sogleich Felsbrocken wie Kieselsteine umher, bis er bemerkte, dass niemand ihn bedrängte. Dann zog er sich an den Felswänden empor und stapfte nach Westen davon.

Ein Character von Taarion aus Den Verbotenen Landen.

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Die Font für die Überschriften ist Gondola SD.