Eine Geistergeschichte

Von Rabemünde aus sind wir, Bronn, Wanya, Grindel und ich, aufgebrochen, zurück in die Reiszahnwälder, damit ich Gromdan zur Besessenheit von Bronn konsultieren konnte. Ich hatte gehofft, wo wir schon mal da gewesen sind, einen Blick auf die Überreste der Bestie werfen zu können, deren faulige Aura die Essenz des Wassers über viele Wegstunden hinweg getrübt hatte. Aber dies sollte mir nicht vergönnt sein.


Während ich unsere diesseitigen Körper vor Unheil aus der anderen Welt bewahrte, folgte Gromdan dem Bewusstsein des schlafenden Zwergs hinter die Schleier, um ein klareres Bild von dem zu erhalten, was sich im Kopf von Bronn festgesetzt hatte. Scheinbar, wie wir so erfuhren, handelte es sich um einen ruhelosen Verstorbenen, ruchlos erschlagen und verscharrt irgendwo in den Rabenlanden. Damit bestätigt sich die Geschichte über Garmagol, die Wanja bei unserem Kennenlernen erzählt hatte.

Nach kurzer Beratung waren wir uns einig, dass wir dem Toten seinen Frieden bringen sollten, damit er sich von dieser Welt lösen könnte. Dazu müssten wir aber seinen Leichnam finden. Da wir keine weiteren Anhaltspunkte hatten machten wir uns gemeinsam auf den Weg zu dem Ort, an dem der unglückselige Bronn von dem Geist besessen worden war.


Grindel führte uns nach Norden. Nach einer sehr interessanten Floßfahrt über die Rabenwässer – der See hat eine wirklich melancholische Ausstrahlung – trafen wir recht bald auf eine alte, kaum mehr zu erkennende Straße nach Norden. Ihre Reste sind auch heute noch von den Ruinen alter Wachtürme gesäumt. Ich frage mich, welche Städte diese Straße in der Vergangenheit wohl verband?

Je weiter wir voran kamen, umso stärker wurde der Einfluss „unseres“ Geistes auf Bronn. Dies ging soweit, dass er des nächstens schlafwandelte und sich nur mit Gewalt aufhalten ließ. Ich folgerte, dass die Kraft von Garmagol größer wurde je näher wir den sterblichen Überresten kamen, insofern waren wir auf dem richtigen Weg.

In der fünften Nach hat Bronn es geschafft sich davon zu stehlen, zu meiner Schande ausgerechnet während meiner Wache. Bei Sturm und Regen mussten wir die Fährte aufnehmen und verfolgen bis wir ihn wiederfanden wie er mit bloßen Händen eine Grube auszuheben versuchte.

Der ganze Ort war geflutet von verzehrter, schwarzer Magie, die aus dem Loch im Boden hervorquoll. Da ich und Gromdan die Natur und Motivation dieser Magie nicht vollständig erfassen konnten, haben wir Bronn, und damit den Geist in ihm, vorsichtshalber von dieser Stätte entfernt, um anschließend selbst freizulegen was immer dort vergraben läge.

Wie ich schon vermutet hatte stießen wir bald auf ein brüchiges Skelet. Eine Begutachtung der Leiche forderte einen Kristall zutage, der mit dem Brustbein des Toten verwachsen zu sein schien. Dieser Kristall war offensichtlich die Quelle all der dunklen Kraft. Ich konnte den Kristall aber, entgegen dem äußeren Anschein, mühelos entfernen und für eine spätere Analyse an mich nehmen.

In dem Moment, wo ich dies tat, verflüchtigte sich die dunkle Aura und auch Bronn hörte auf sich gegen seine Fesseln zu sträuben und erwachte aus seinen bösen Albträumen.

Nach all dieser Aufregung mussten wir noch ein provisorisches Lager errichten, was sich aufgrund des Regens als ausgesprochen schwierig erwies. Nur mittels der elementaren Kräfte gelang des mir überhaupt ein Feuer zu entzünden, an dem wir uns trocknen konnten.


Am heutigen Tag haben wir Bronn untersucht und nach seinen Traumerlebnissen befragt. Allerdings war aus dem sturen Zwerg nicht viel herauszubekommen. Aber wenigstens scheint er, so weit ich das sagen kann, nicht länger von irgendjemand besessen zu sein.

Später haben wir nach menschlicher Sitte, ein Begräbnis durchgeführt und unsere nächsten Schritte besprochen. Ich hoffe, ich habe in naher Zukunft die Muße diesen Kristall einer näheren Untersuchung zu unterziehen – in diesem kleinen Ding steckt noch ein Geheimnis, das es zu enträtseln gilt.

Ein Character von Taarion aus Den Verbotenen Landen.

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Die Font für die Überschriften ist Gondola SD.