Sicheres Geleit

Ein Ausflug nach Rabemünde

Erneut in Rabenmünde angekommen, mussten wir feststellen, dass reges Treiben in der Stadt herrschte. Angetrieben von vielen Rostbrüdern wurde eifrig an der Stadtmauer gebaut. Wir, Zwerge, Goblins und ich als Adeptus der Magie schon gar nicht, konnten uns also nicht ungefährdet in die Stadt wagen. Daher schickten wir Wanja auf Kundschaft.

Sie brachte uns schlimme Kunde: Die Rostbrüder hatten nördlich des Flusses die Siedlungen im Umland verwüstet und jeden Wiederstand blutig vereitelt. Sie waren dabei Rabenmünde zu ihrem Stützpunkt für den Vorstoß nach Süden auszubauen und nahmen dabei wenig Rücksicht auf die Bewohner. Allerdings haben die Halblinge die Brücke über den Fluss abgebrochen, so dass es den Roten Schändern schwerfallen sollte in großer Zahl hinüber zu gelangen.

In unserer Besprechung der nächsten Schritte kahmen Grindel, Wanya und Bronn auf eine Legende zu sprechen, die etwas mit dem Versuch der Rostigen nach Süden zu gelangen, zutun haben könnte. Eine mächtige Waffe aus der alten Zeit läge dort versteckt.

Die kleine Familie

Wir beschlossen der Sache nachzugehen, zuvor aber mussten wir uns vergewissern, dass es unseren Freunden, dem Zeidler Jure und seiner Familie gut ging. Als wir bei dem Häuschen im Wald ankamen, war Moira beschäftigt ihre Habseligkeiten zu kompakten Bündeln zu verschnüren. Während dessen versuchte ihr Sohn Koge den angepflockten Esel mit Ästen und Zweigen in einen Waldschrat zu verwandeln.

Die Familie hatte beschlossen nach Westen zu Moiras Familie zu ziehen, um der Gefahr, entdeckt zu werden, zu entgehen. Wir beschlossen daraufhin einhellig, dass wir sie nicht allein durch die Wildnis ziehen lassen könnten.

Verfolger?

Am nächsten Morgen brachen wir auf und Grindel führte uns, so gut es ging, parallel zum Fluss Rabenflug durch den Wald. Den Handelspfad konnten wir wegen der vielen Soldaten leider nicht nehmen. Wir kamen trotzdem mehrere Tage recht gut voran. Ich wurde allerdings das Gefühl nicht los, dass wir verfolgt wurden. Die Anderen meinten, es seien nur die Schatten im und die Geräusche des Waldes ,die mich narren würden. Keiner wollte das metallische Scheppern und Rasseln gehört haben, das unregelmäßig aus dem Unterholz zu uns herübertönte.

Nach ein paar Tagen hörten wir das Rauschen des Flusses vor uns. Erst dachte ich, wir hätten uns in der Richtung geirrt, aber Moldra erklärte, dass dies der Dra Kott sei, Steinsäge in der Sprache der Menschen. Dieser Strom fließt von ihren heimatlichen Bergen nach Süden und mündet im Rabenflug. Sie erzählte uns auch von einem Steinbruch auf der anderen Flussseite. Von dort aus müssten wir uns nach Norden in die Berge begeben, um zu ihrer Sippe zu gelangen.

Karte der Länder zwischen den Flüssen Dra Kott und Rabenflug

Grindel und ich wurden ausgeschickt das Ufer abzusuchen und unsere Position festzustellen. Vom Waldrand aus, verborgen hinter den letzten Bäumen, konnten wir den Flusslauf gut einsehen. Auf unserer Seite war das Ufer flach und eine gepflasterte Straße zog sich an ihm dahin. Auf der gegenüberliegenden Seite hingegen ragte meterhoch eine senkrechte Felswand auf, ganz so als hätte jemand das Land mit einer Säge geteilt. An dieser Stelle über das Wasser zu gelangen ist unmöglich.

Wir beide folgten dem Fluss nach Norden, um eine geeignete Stelle für die Querung oder den Steinbruch zu finden. Dabei konnten wir einen Flusskahn beladen mit Steinen und kleinere Trupps von Rostbrüdern auf der Straße beobachten.

Auf einmal war da wieder dieses metallische Geräusch, das mich schon die ganze Reise begleitete hatte. Und tatsächlich stand am anderen Ufer oben auf der Klippe eine Gestallt, die aussah, als wäre sie komplett in eine alte, rostige Rüstung gehüllt und schaute zu uns herüber.

Wir versteckten uns im Unterholz und beobachteten das andere Ufer in der Hoffnung, zwischen den Bäumen nicht bemerkt worden zu sein. So lagen wir bestimmt Stunden in unserem Versteck, aber die Gestalt bewegtet sich kein bisschen. Das kam uns sehr merkwürdig vor, aber schließlich einigte ich mich mit Grindel darauf, dass es sich wohl um eine Statue handeln müsste, die wir nur zuvor nicht bemerkt hatten. Da der Abend schon vorangeschritten war, kehrten wir zu den Anderen zurück. Als ich aber nach ein paar Schritten noch mal über die Schulter schaute, war niemand mehr zu sehen.

Mein Bericht, später am Lager, erinnerte Moira an eine alte Geschichte, die man unartigen Zwergenkindern erzählt: Eine böse Hexe, vor Äonen von einem Priester Hünes verflucht, sinne von Rache getrieben danach, Kinder aus ihren Betten zu stehlen, um sich an ihnen zu laben. Angeblich reise diese Hexe auf einem metallischen Pferd durch die Lande, auf der Suche nach neuen Opfern.

Der Steinbruch

Wie dem auch sei, am nächsten Morgen zogen wir alle gemeinsam nach Norden weiter. Am Nachmittag fanden wir einen Bootsanleger, zusammen mit einer Glocke gegenüber eines weitern Flusses, der hier in den Dor Kott einmündete.

Wiederum musste ich, diesmal in Begleitung von Jure, auf Kundschaft gehen, während sich der Rest unserer Gemeinschaft im Wald verbarg. Das Läuten der Glocke halte weit und rief uns ein Floss herbei. Die drei Schiffersleute brachten uns für ein kleines Handgeld über den Fluss in ihre namenlose Siedlung. Der ganze Ort bestand zu der Zeit eigentlich nur aus einem stabilen Frachthafen, ein paar einfachen Häusern und einer Taverne. Es schien mir, als wäre jeder Bewohner damit beschäftigt, Steine aus dem Klippen zu brechen oder sich mit Bier von dieser Plackerei zu erholen.

Ich versuchte zuerst mit einer Geschichte über Oger, die ich den abendlichen Zechern in der Taverne erzählte, herauszufinden, wie die Arbeiter auf ein solches Wesen reagieren würden. Irgendwie wollte mir aber niemand zuhören, ich wurde sogar rüde unterbrochen. Ich verstehen diese Menschen einfach nicht. Jure war danach, was mir ebenfalls nicht erklärlich ist, ziemlich böse mit mir und hat mich dann einfach stehen gelassen um sich unter die Einheimischen zu mischen.

Für die darauffolgende Nacht hatte Jure dann aber ein paar der Flößer dazu überredet, die ganze Gruppe über den Fluss zu bringen. Vielleicht haben sie mir ja doch zugehört – jedenfalls nahmen sie nicht Reißaus, als sie Koges große Gestalt erblickten. Am Ende ging alles gut und wir erreichten wohlbehalten das gewünschte Ufer, um unseren Weg ins Gebirge fortzusetzen.

Drachenfluch

Der Weg in die Berge wurde mit jedem Tag steiler und beschwerlicher, aber Moldra erkannte viele Wegmarken und so wähnten wir uns auf dem richtigen Weg.

Am Abend des vorletzten Tags unserer Reise lag Rauch in der Luft. Grindel eilte voraus und berichtete kurz darauf von mehreren heruntergekommenen Gestalten, die in einer Höhle kampierten. Wir wollten diese nicht umgehen und gingen also hinüber. Wie sich herausstellte, waren es drei Wolfsmenschen – ich hätte nie erwartet welche von ihrem Volk so weit östlich anzutreffen – die an einer Art Krankheit litten. Sie waren ausgezehrt und Ihr Fell fiel ihnen aus.

Der Anführer der Drei wollte uns erst nicht zu ihnen lassen, doch Gromdan beharrte darauf, ihnen helfen zu können und ging schließlich alleine in ihre Höhle.

Als er zu uns zurück kam, wirkte er sehr erschöpft. Seine Haut wahr grau und seine Augen unterlaufen, zuckten unruhig hin und her. Auch zitterten seine Hände so sehr, dass er kaum den Becher Wasser halten konnte, der ihm gereicht wurde.

Die Wolfsmenschen hatten nach Gromdans Erzählung versucht, ein Drachenei aus dem Gelege zu stehlen und dabei einen mächtigen Fluch auf sich gezogen. Über Drachen habe ich gelesen, sie werden in den alten Überlieferungen beschrieben: Wenn man ihnen mit Respekt und Ehrerbietung gegenübertritt, gewähren sie dem Würdigen unschätzbare Einblicke in die Geheimnisse der Elemente, aus denen die Welt besteht. Warum sollte das für ungeschlüpfte Drachen nicht auch gelten. Es würde sicherlich keine Gefahr bestehen, wenn man dies berücksichtigt.

Leider konnte ich meine Gefährten nicht davon überzeugen. Sie wollten Rundwegs nichts davon Wissen nach dem Ei zu suchen. Alleine durch die Berge zu wandern, dürfte aber ein hoffnungsloses Unterfangen sein. Schade, um diese Gelegenheit.

Zwergengarten

Unverrichteter Dinge zogen wir am nächsten Morgen weiter. Während Gromdan im Verlauf des Tages immer unruhiger und fahriger wurde, zog sich Moira immer mehr zurück, wahr schweigsam und grüblerisch.

Wir kletterten einen steilen, aber begehbaren Pfad nach oben, bis wir auf ein Hochplateau kamen. Dort war jede freie Fläche mit Gemüsebeeten bepflanzt. Lediglich ein paar Häuser mit geschwungenen Dächern stachen aus dem üppigen Grün hervor.

Wir wurden recht bald bemerkt, aber die Zwerge um uns herum hielten Abstand, schienen auf etwas oder jemanden zu warten. Schließlich kam eine Delegation, angeführt von einer resolut wirkenden Zwergin namens Moldra, um uns in Empfang zu nehmen. Zuerst schien es uns als wären wir in Nurbadur nicht willkommen. Nachdem Bron – Moira schien sich nicht erklären zu wollen – unser Ziel erklärt hatte, wurde uns ein Quartier zugewiesen. Allerdings wurden wir eindringlich daran erinnert, dass wir Gäste seien und uns auch so zu benehmen hätten. Gromdan aber, entgegen seinem üblichen Verhalten, brüskierte unsere Gastgeberin, indem er immer mehr von dem Schnaps forderte, den man uns als Willkommenstrunk gereicht hatte.

Nach einer erholsamen Nacht kam die kleine Familie zu uns, um uns mitzuteilen, sie könne jetzt eine Zeit hier bleiben und wären in Sicherheit. Moira hatte wohl des nächtens alles mit ihrer Sippe geklärt, wirkte aber nicht sehr glücklich. Sie teilte uns ebenso mit, dass wir hingegen bald aufbrechen sollten. Fremde seinen in diesen friedlosen Zeiten nicht gerne in den Heimstädten der Zwerge gesehen. Nach einem langen Abschied, bei dem Koge drauf und dran war jedem die Rippen zu brechen, so fest wie er uns drückte, erwarb Bron noch ein Fass von dem Schnaps, der Gromdan so mundete, und wir verließen etwas wehmütig den Garten der Zwerge.

Zhadel am Ende des Abenteuers

Ein Character von Taarion aus Den Verbotenen Landen.

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Die Font für die Überschriften ist Gondola SD.