In Stein gemeißelt #12

Blind und taub saß der Schatten auf einem Vorsprung. Starke Böen zogen an den Falten des schwarzen Stoffs. Kein Geräusch drang von der Kleidung in die Umgebung. In der Luft lag der staubige Geruch von aufgewirbeltem Sand. Hier und da waren auch ein paar Gerüche dabei. Leise drang das Blöken einer Ziege durch die aufgewühlte Nachtluft. Der Wind heulte mal, flüsterte im nächsten Moment. Die Sonne war fast vollständig hinter den Steilwänden untergegangen. Der Vorsprung, auf dem die Gestalt saß, war in dunkle Schatten gehüllt. Sowieso würde niemand nach oben schauen. Nicht bei so starkem Wind. Da kniffen alle die Augen zusammen und versuchten zu sehen, wo sie lang gingen. Gedankengänge, die völlig an dem Schatten auf seinem Vorsprung vorübergingen. Von all dem bekam die Gestalt nichts mit. Unter dem Stoff, der das Gesicht bis auf die leblosen weißen Augen verhüllte, war der Umriss einer Nase zu erkennen. Doch auch der Geruchssinn fehlte dem Geschöpf. Nur die Nebelschwaden, die vor seinem geistigen Auge schwebten, waren für ihn wahrnehmbar. Völlig in seiner eigenen Welt, seinen eigenen Trieben folgend. Aufpassen. Roter Nebel. Gefährlich, gefährlich. Weg, weg. Vorbei. Ein verschwommener silberner Faden schwebte vorbei. Schön. Ruhig. Haben. Der Rote Nebel war kleiner geworden. Er streckte die Hand aus und zog an dem silbernen Faden. Zuckt. Wabert. Gefährlich, gefährlich. Rote Lichtblitze zuckten durch das Sichtfeld der Kreatur. Er ließ den silbernen Faden wieder los. Blieb reglos im Dunkeln sitzen. Es schauderte. Unter seinen Händen und Füßen schien die Erde leicht zu beben. Freude. Lob. Bald. Bald. Bald.

Auf leisen Sohlen schwang sich der Schatten weiter. Höher und höher hinauf. Gute Zeit, gute Zeit. Von seinem erhöhten Ausguck aus, wirkten die Nebelschwaden die arglos durch die Dunkelheit waberten noch kleiner, noch entfernter. Warten. Warten. Bald. Mehr!